Direkt zum Inhalt

Stellungnahme zum Antrag im Wissenschaftsausschuss

Posted in Pressemitteilung, and Stellungnahmen

Seit Beginn der Pandemie haben wir uns als landesweite Student*innenvertretung hinter die Forderungen des Solidarsemester Bündnisses (1) gestellt. Die teilweise verfrühten Lehrangebote der Hochschulen, die oft auch ohne weitführende Digitalisierungsstrategie geplant worden waren, konnte nicht alle Herausforderungen für den Hochschulalltag abfedern. Dass die Lehrenden unter den Bedingungen ihr Bestes gegeben haben, ist wertzuschätzen, doch auch sie waren häufig nicht in der Lage den neuen didaktischen Herausforderungen standzuhalten, weswegen auch viele Lehrenden zu Anfang der Pandemie die Petition des Nicht-Semesters (2) ins Leben riefen. Mittlerweile wurden über 15.000 Unterschriften gesammelt. Sie befürchteten zu Recht, ebenso wie der bundesweite Student*innenverband (fzs), dass die Universitäten nicht gut genug vorbereitet in dieses Semester starten konnten.

Auch andere Probleme tauchten auf; so konnten nicht alle Prüfungsleistungen aus dem vorausgegangenen Wintersemester abgeschlossen werden, sodass sich für viele Studierende eine Doppelbelastung ergab.Trotz dieser Petition wurde der Lehrbetrieb spätestens am 20. April wieder aufgenommen, oder an den Hochschulen am 16. 03. fortgesetzt. An dieser Stelle wäre es aber schon wichtig und richtig gewesen, den Forderungen einer besonderen Einstufung des Semesters nachzukommen. Zumindest die Nichtanrechnung des vergangenen Sommersemesters bleibt eine essenzielle Forderung.


Parallel zum Lehrbetrieb versuchten die Universitäten und Hochschulen den entstehenden Herausforderungen entgegen zu wirken, jedoch blieb es den jeweiligen Hochschulen einzeln überlassen, wie sie die verschiedenen Maßnahmen umsetzten In dem letzten Semester sind so unter anderem folgende Herausforderungen aufgetreten, ob es die Verbindungsprobleme mit den Videokonferenztools waren, die dringend notwendigen Schulungen mit den Online Tools oder die Bereitstellung von Literatur, bei geschlossenen Bibliotheken.

Trotz der Bemühungen wurden zu Anfang der Pandemie sowohl Mitarbeiterinnen, als auch Studentinnen, welche ihre Kinder nun, aufgrund der Kita Schließung, Zuhause betreuen mussten, zusätzlich belastet. Auch wurden Studierende in unterschiedlichem Maße mit eingebunden: An einigen Standorten wurden sie aktiv in die Gremien und Krisensitzungen eingeladen, an anderen Standorten wurden die Bedürfnisse und Forderungen der Studierendenschaft marginalisiert oder ignoriert.

Nicht zu vergessen, ist die Umstellung auf das Homeoffice, meist ohne bereitgestelltes Endgerät und oft mit schlechter Internet Verbindungen (Laut LAK Studie 44% der Studis) wo vor allem Menschen in kleinen Wohnungen und WGs nur erschwert einen Arbeits- und Lernort vorfinden konnten. Die Langzeitfolgen, der durchgehenden Videokonferenzen und des gehäuften Bildschirms betrachten werden noch folgen (wie die Forschung von Axel Kuhn vom Netzwerk Leseforschung zeigt [3]), doch auch so stieg die psychische Belastung und die Isolation vieler Betroffener.

Als Folge dieser unterschiedlichen Aufarbeitung der Hochschulen blicken wir nun auf eine gar ungerechte Verteilung: Während Studierende der einen Hochschule ohne Probleme in das Online-Semester starten konnten, die Umstellung auf OnlineLehre (didaktisch und technisch) problemlos erfolgte, Ausgleichsmaßnahmen für Home-Learning existierten, Angebote wie Bibliotheken oder Werkstätten zugänglich waren oder sie mit technischen Geräten versorgt wurden, gehen andere Hochschulen als Bildungsverlierer heraus. Dies sind die Hochschulen die sich nicht auf Online-Lehre umstellen konnten oder wollten; bei denen die Anwesenheit der Studierenden notwendig für das Studium ist, deren Vermittlung sich nicht substituieren lässt (wie es bei Praktika der Fall ist), deren Lehrende und Lernende mit der Situation in vielerlei Hinsicht überfordert sind, die keine technische Ausstattung bekamen und die schlichtweg die Probleme der Studierenden ignorierten. Diese Lücke klafft so weit auseinander, dass für einige juristische Universitäten das Semester bereits nicht mehr angerechnet wird (4), während wir um jedes Entgegenkommen kämpfen müssen! 3 Zusätzlich zu diesen Herausforderungen konnte auch durch das Wegfallen der Nebeneinkünfte in z.B. den Aushilfsjob der Gastronomie oder durch Stellenkürzungen wo Vollzeitstellen im Gegensatz zu studentischen Aushilfestellen erhalten werden, eine finanzielle Belastung entstehen, der bisher immer noch nicht wirksam entgegengewirkt werden konnte.

Für all diese Herausforderungen haben wir schon am 30.04 einen Brief gemeinsam mit dem studentischen Vertreterinnen in den Senaten an das Ministerium adressiert (5), dieser ist bis heute unbeantwortet. In diesem stellen wir Forderungen an die Bundespolitik, aber auch konkrete Forderungen für das Studium in Niedersachsen. Nach einem Gespräch mit Ministerpräsidenten Weil, bekamen wir auf einen zweiten Brief, dann ein Antwortschreiben vom
Wissenschaftsminister am 23.06, also knapp zwei Monate nach unserem ersten Brief. Zuvor demonstrierten wir schon vor dem Landtag am 08.06 und dann sogar bundesweit am 20.06. Trotz dieser Versammlungen und den mehrfachen Kontaktaufnahmen konnte erst am 28.08 nach der Anmeldung unserer zweiten landesweiten Solidarsemesterdemo ein Gespräch mit dem MWK errungen werden. Dieses fand ohne Minister Thümler statt, trotzdem konnte sich erstmals über die Situation der Studentinnen – vier Monaten nach Beginn dieses besonders herausfordernden Semesters – ausgetauscht werden.

Wir hoffen, dass die Forderungen der Studierenden Niedersachsens nun endlich von der Regierung gehört werden und sich das lange, qualvolle Ausharren der Studierenden, die monatelang diese improvisierte Lehre durchstehen mussten und sich von der Politik verlassen fühlten, nicht vergebens war. Ein Abwarten bis 2021 wäre in Anbetracht der Situation, sowie der Umsetzung der Solidarsemester Forderungen in 11 Bundesländern und damit schon für 85% der Studentinnen in ganz Deutschland nicht haltbar (6). Daher begrüßen wir den vorliegenden Antrag der Grünen: Denn, dass die Verlängerung der Regelstudienzeit nur eine einmalige sein soll, kann in Anbetracht der wechselnden Verhältnisse durch die Corona-Pandemie nicht verhältnismäßig sein. Trotz der Planungen für ein Hybrid-Semester und den bisher ausbleibenden Schließungen von Hochschulstandorten aufgrund von Corona Ausbrüchen, kann einer erneute NichtAnrechnung des Semesters nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Die Unterstützung in der digitalen Lehre wird weiterhin benötigt und da teilen wir das Anliegen des Antrags, jedoch sind die finanziellen Mittel aus dem BMBF, sowie die Kredite keine ausreichende Hilfe. Unsere Kritik hierbei stützt sich auf die Bedarfsprüfung, die erst bei einem Kontostand unter 500€ greift und auf die Schwierigkeiten, die während der online Beantragung entstanden sind.


Die 500€-Regelung ist, aufgrund der laufenden Mietkosten, Krankenversicherungsbeiträgen und Verpflegung, sowie teilweise Neuanschaffung von technischen Geräten (Laut LAK Studie mussten 30% der Niedersächsischen Studis neue Technik besorgen), von einer Höhe, welche diese Kosten kaum bis gar nicht decken kann.


Wir halten weiter an der Forderung zur Öffnung des BAföG (für alle) fest! Die Auswertung der Überbrückungshilfen-Anträge, hat gezeigt, das knapp 40% abgelehnt wurden, trotzdem besteht eine Bedürftigkeit bei vielen von diesen (7). Die Nothilfefonds der Studentenwerke vor Frau Karliczeks Einschränkungen hatten eine größere Wirksamkeit und hätten nur aufgefüllt und nicht in der Bedürftigkeitsprüfung verändert werden müssen.


Um einen genaueren Blick auf die Erfahrungen der niedersächsischen Student*innen zu bekommen und ihre Wünsche und Sorgen für das kommende Hybrid Wintersemester zu sammeln, haben wir in einer landesweiten Umfrage über 2.300 Studentinnen an den Niedersächsischen Hochschulen und Universitäten befragt (8) und würden gerne mit ihnen in Diskurs treten, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Bisher ist nur eine Absprache mit der LHK innerhalb des Antrags vorgesehen, dadurch können die Studentinnen nicht mit in den Prozess miteinbezogen werden. Wie schon erwähnt gab und gibt es Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Daher wünschen wir uns einen Einbezug der Studentinnen in die Diskussionen als landesweite Student*innenvertretung (LAK).

Anhang:
(1) Forderungen für ein Solidarsemester: www.solidarsemester.de
(2) Petition für ein Nicht-Semester: https://nichtsemester.de/cbxpetition/offenerbrief/index.html
(3) Studie zum Lesen am Bildschirm: https://www.netzwerk-leseforschung.fau.de/
(4) (NJAVO)Vom 2. November 1993 § 17 Berechnung der Studienzeit
http://www.ndsvoris.de/jportal/?quelle=jlink&query=JAGV+ND+%C2%A7+17&psml=bsvorisprod.ps
ml&max=true

(5) Offener Brief aus April an das MWK: https://www.lakniedersachsen.de/2020/05/offener-brief-der-studentischen-senatorinnen-zurdurch-die-covid19-pandemie/
(6) Berechnung: Bisher haben: Hessen (264 789), Badenwürtenberg (357 429),
NordReihnWestfalen (776 071), Bayern (394 278) und Sachsen (107 963), sowie
Berlin (193 650), Sachsen-Anhalt (54 476) und Schleswig Holstein (65 151)+
Hamburg (112 032) & Rheinland-Pfalz (123 419) somit haben schon 2.449.258
Studis eine Regelung zur Nichtanrechnung des Semesters, das sind 84,68% von den
Deutschlandweiten 2.892.044 Studis.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-ForschungKultur/Hochschulen/Tabellen/studierende-insgesamt-bundeslaender.html
(7) Pressemitteilung der Studentenwerke:
https://www.studentenwerke.de/de/content/%C3%BCberbr%C3%BCckungshilfef%C3%BCr-studierende-ist
(8) Vorläufige Umfrageergebnisse https://t1p.de/LAK-Studie