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Solidarisierung mit Blacklivesmatter

Posted in Pressemitteilung

 Am 25.05.2020 wurde George Floyd von einem weißen Polizisten ermordet. Der Polizist kniete über acht Minuten lang auf Georges Hals, bis er das Bewusstsein verlor und starb. George teilte den involvierten Polizisten mehrmals mit, dass er keine Luft bekomme. Die Polizisten ignorierten das, halfen ihm nicht und schauten zu, wie George langsam starb. Seitdem gibt es fast täglich Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Millionen von Menschen gehen weltweit gemeinsam auf die Straße und zeigen sich solidarisch mit allen Opfern rassistischer Polizeigewalt. 

Dieser Mord an George Floyd kommt nicht aus dem Nichts, sondern ist nur die Spitze des (Rassismus-) Eisbergs. In den USA wurden im Jahr 2019 1.098 Menschen von der Polizei getötet (1). Davon waren 24% Schwarze Menschen, obwohl sie nur 13% der amerikanischen Bevölkerung ausmachen (2). 

Ein weiteres Beispiel der rassistischen Polizeigewalt ist der Fall von Breonna Taylor. Sie wurde schon am 13.03.2020 nachts in ihrer eigenen Wohnung von Polizist*innen ermordet. Bis heute, fast drei Monate später, hatte dieser Vorfall keinerlei Konsequenzen für die involvierten Polizist*innen, die einen unschuldigen Menschen ermordeten! (3)

Während wir an diesem Text schrieben, wurde gemeldet, dass ein weiterer Schwarzer Mann von Polizisten*innen erschossen wurde: Rayshard Brooks wurde am 12.06 auf dem Parkplatz eines „Wendy’s“ in Atlanta getötet, nachdem die Polizei gerufen wurde, weil er in seinem Auto eingeschlafen war. (4)

Neben rassistischer Polizeigewalt zeigt sich der gesellschaftliche Rassismus auch im Justizsystem, wo schwarze Menschen im Durchschnitt für ähnliche Straftaten 19,1% länger Haftstrafen bekommen (5) und öfter zum Tode verurteilt werden (6), sowie im Schulsystem – Schulen in mehrheitlich nicht-weißen Distrikten haben im Durchschnitt 10% weniger Finanzmittel zur Verfügung (7). 

Wenn wir über das alles reden, dürfen wir nicht die jahrhundertlange Entmenschlichung von Schwarzen Menschen durch die Sklaverei und darauffolgende Segregation vergessen, die die Grundlage für den heutigen systematischen Rassismus geschaffen haben!

Alles was bisher genannt wurde, ist nur ein Bruchteil dessen, was sichtbar gemacht werden muss. Zudem müssen wir Rassismus als globales Problem begreifen: Wenn wir rassistische Polizeigewalt in den USA kritisieren, müssen wir im nächsten Schritt auch den strukturellen Rassismus in Deutschland und anderswo bekämpfen!

#SayTheirNames #NoJusticeNoPeace #BlackLivesMatter #WhiteSilenceIsViolence #JusticeforGeorgeFloyd

Auch in Deutschland ist Polizeigewalt kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Antirassistische Initiativen gehen von mindestens zehn Todesfällen nichtweißer Menschen durch Polizeieinsätze allein in den letzten Jahren aus, bei denen die Umstände des Todes eine rassistische Motivation der Einsatzkräfte nahelegen. (8)  Die Initiative „Death in costudy“ zählt seit 1993 in Deutschland 159 Todesfälle von POCs in Polizeigewahrsam.

Die Hinterbliebenen und Überlebenden von Polizeigewalt haben in der Regel keine Chance auf eine gerechte Aufarbeitung: 2017 gab es in Deutschland insgesamt 2177 Ermittlungsverfahren wegen Polizeigewalt. Laut einer aktuellen Studie ist dem eine hohe Dunkelziffer zuzurechnen: Nur ca. 9% der tatsächlichen Vorfälle werden angezeigt, davon 2% tatsächlich verurteilt (9) – auf eine Anzeige folgt meist eine Gegenanzeige der Polizei, die deutlich wahrscheinlicher verfolgt wird. (10)

Dieses Gewaltmonopol ist nicht ohne die Grundlage des strukturellen Rassismus zu analysieren. Struktureller Rassismus meint die ideologische Verankerung in Institutionen, Rechtsprechung und Normen in der Gesellschaft. Dabei handeln die einzelnen Individuen nicht per se mit einer rassistischen Intention, sondern beteiligen sich oft unbewusst an einer rassistischen Gesellschaft, in der u.a. Black, indigenous, and people of colour (BIPOCs) in allen Lebensbereichen von Diskriminierung bedroht sind. Diese Diskriminierungsmuster sind meist verschleiert und/ oder vom Großteil der Gesellschaft akzeptiert, weswegen Betroffene häufig nicht nur unter der Diskriminierung leiden, sondern auch unter dem Schweigen der Mitmenschen. 

Wir gedenken an die durch Polizeigewalt in Deutschland getöteten (BI-)POCs: Oury Jalloh, Robble Warsame, Amad Ahmad, Yaya Jabbi, Achidi John, Laye-Alama Condé, William Tonou- Mbobda, Hussam Fadl, Matiullah J., Christy Schwundeck und den zahllosen weiteren Betroffenen.

Entgegen des Narrativs des akademischen Milieus kommt es auch an Hochschulen immer noch zu rassistischer Gewalt. Erst am vergangenen Samstag wurde ein Student in Saarbrücken bei einem rassistischen Attentat mit einem Messer attackiert (11).  

An uns als ASten werden immer wieder Fälle von Rassismus in der Lehre, in den organisatorischen Abläufen und durch Kommoliton*innen herangetragen. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen lehrender Person und den Student*innen ist durch die Situation der Bewertung besonders problematisch bei der Bekämpfung von Rassismus. Um die Rechte der betroffenen Studierenden zu stärken, gibt es in Niedersachsen Antidiskriminierungsbeauftragte, welche bei Diskriminierungsvorfällen eingreifen und durch Ordnungen sowie Schulungen präventiv arbeiten sollen. 

Wir begrüßen die Einrichtung dieser Stellen an den Hochschulen, doch bleibt es trotz dieser Ordnungen und den Antidiskriminierungsbeauftragten bei untragbaren rassistischen Zuständen.

Dies liegt zum einen an dem ungehinderten Einfluss rassistischer Lehrender, Mitarbeitender und Studierender. Zum anderen fehlt den Antidiskriminierungsbeauftragen und damit den Hochschulen eine entsprechende Handhabe, um wirksam in diese Prozesse eingreifen zu können. Das Menschen wie AfD Mitbegründer Bernd Lucke, oder andere Faschist*innen in Unis sich hinter der vermeintlichen Freiheit der Wissenschaft verstecken können, erschreckt uns. 

Wir fordern von den Hochschulen, die Antidiskriminierungsstellen mit mehr Ressourcen auszustatten, um eine Wirkkraft des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes an den Hochschulen durchzusetzen sowie umfassende und bindende Konzepte zu erarbeiten, die der (Re-)produktion von Rassismus in der Lehre – sowie den Hochschulen als Institution – konsequent entgegentreten. Zudem erwarten wir von den Hochschulen, bestehende Ordnungen umzusetzen, deren Tragweite radikal zu erweitern und somit eine Wirksamkeit in der Lebensrealität von diskriminierten Student*innen sicherzustellen. Des Weiteren braucht es wirksame Evaluationen, die Rassismus in der Lehre, den Strukturen und unter Studierenden sowie Mitarbeitenden fokussieren. Die Hochschulen sollen nicht länger ein Ort der privilegierten, weißen Cis-Männer bleiben! 

Jegliche Art von Diskriminierung soll und muss angesprochen und aktiv bekämpft werden! 

Daher rufen wir auf an folgender Petition teilzunehmen, die diese Punkte, aber noch weitere direkt an das Wissenschaftsministerium richtet: https://www.change.org/p/rassismuskritische-lehre-in-nieders%C3%A4chsischen-bildungsinstitutionen-rassismus-blacklivesmatter-blackhistoryindeutschland

Rassismus ist nicht nur ein Problem der Polizei oder des Justizsystems. Rassismus findet sich in allen Teilen des täglichen Lebens. Nicht nur an einzelnen Tagen, sondern jeden Tag. Nicht nur in einzelnen Ländern oder Städten, sondern überall. 

Die LAK wird weiterhin gegen strukturellen Rassismus, Polizeigewalt und für die befreite Gesellschaft kämpfen! Dies bedarf eines langen Atems, daher rufen wir euch auf, euch zu organisieren – ob in den ASten, in den Städtegruppen, der BlackLivesMatter-Bewegung oder anderen autonomen Gruppen!

Quellen:

https://mappingpoliceviolence.org/ ; https://www.br.de/nachricht/schwarze-polizeigewalt-usa-102.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigte_Staaten#Ethnien_und_Einwanderergruppen

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/toedliche-schuesse-auf-schwarze-sanitaeterin-empoerung-ueber-erneute-polizeigewalt-in-den-usa/25828402.html

https://www.hna.de/welt/george-floyd-usa-polizeigewalt-wendys-polizei-polizist-atlanta-protest-tot-rayshard-brooks-zr-13797381.html

https://abcnews.go.com/Politics/black-men-sentenced-time-white-men-crime-study/story?id=51203491

https://deathpenaltyinfo.org/executions/executions-overview/executions-by-race-and-race-of-victim

https://edbuild.org/content/dismissed

https://www.tagesspiegel.de/politik/von-oury-jalloh-bis-achidi-john-polizeigewalt-gegen-people-of-color-gibt-es-auch-in-deutschland/25884422.html

https://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2019-09-17-kriminologie-zwischenbericht-im-forschungsprojekt-zu-rechtswidriger-polizeigewalt

10 Polizeigewalt: Kaum Schutz für Opfer. Monitor, 16. November 2018

11 https://taz.de/Messerangriff-in-Saarbruecken/!5691963/ ; https://www.facebook.com/52201993498/posts/10160485565163499/ 

Da wir dieses komplexe Thema nicht vollständig beleuchten können, haben wir euch noch ein paar Links zusammengestellt: