Ministerin Wanka hatte die LAK und alle ASten zu Meinungs- und Gedankenaustausch eingeladen
Die LandesAstenKonferenz Niedersachsen als solche hat an dem Gespräch vom Mittwoch mit Ministerin Wanka nicht teilgenommen, da im Vorfeld kein Konsens über die Sinnhaftigkeit dieses Gesprächs gefunden werden konnte. Aufgrund des bevorstehenden Wechsels in der Regierungs- verantwortung in Niedersachsen ist Wanka nur noch wenige Monate im Amt, und da die Differenzen in der Auffassung einer guten Bildungspolitik ohnehin sehr groß sind, hegen wir eigentlich keine Hoffnung, dass sich in dieser Legislaturperiode die (Bildungs-)Politik verbessern könnte. Einige ASten haben dieses Gespräch mit ihrer Teilnahme trotzdem zum Anlass genommen, erneut auf aktuelle gravierende Probleme innerhalb der Hochschulen hinzuweisen.
Die LandesAstenKonferenz ist enttäuscht, dass auf den Offenen Brief der LAK vom vergangenen April keinerlei Reaktion folgte und der Gesprächsanfrage vom Oktober lediglich mit dem Hinweis begegnet wurde, dass Wanka im April wieder zu einem „Gedankenaustausch“ einladen würde. Offensichtlich herrscht im Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) die Meinung vor, dass es reicht, wenn Ministerin Wanka einmal im Jahr zu einem „Gedankenaustausch“ einlädt, um ansonsten den Rest der Zeit die Interessen der mehr als 160.000 Studierenden in Niedersachsen zu ignorieren.
Immerhin wurden Teile unserer Kritik an der letztjährigen Einladung beherzigt und auf Abfrage persönlicher Daten der Teilnehmenden sowie einer Begrenzung auf eine Person pro Hochschule verzichtet, außerdem wurde eine Tagesordnung mit damals von uns angeregten inhaltlichen Themen vorgeschlagen. 17 Vertreter*innen von 11 ASten haben der Ministerin die Argumente der Studierenden näher gebracht.
Zu Beginn wurden die Meinungen über die (Unter-)Finanzierung der Hochschulen ausgetauscht. Vehement verteidigte sich Frau Wanka, indem sie darauf verwies, dass die Ausgaben für die Hochschulen pro Studierender*m im Ländervergleich die höchsten wären. „Dass dies noch lange nicht heißt, dass dies ausreichend oder angemessen wäre, kann unter anderem an den vielen, vielen maroden Gebäuden und Hörsälen bewundern, von einer vernünftigen Personalausstattung für ein angemessenes Betreuungsverhältnis ganz zu schweigen.“, so Dominik Bennett vom AStA der TU Braunschweig dazu. Gerade aber mit diesen Aussagen zur eigenen tollen Leistung bei der Finanzierung der Hochschulen verwundert es, dass Frau Wanka die bundesweit restriktivsten Studiengebühren mit Verwaltungs- kostenbeitrag, allgemeinen Studiengebühren und Langzeitstudiengebühren so verteidigt und als langfristigen Standortvorteil anpreist. „Die Studierenden in Niedersachsen lehnen Bildungsgebühren klar ab,“ so Jan Philipp vom AStA der Hochschule für bildende Künste. „im Oktober und November 2011 haben mehr als 15.000 Studierende einen Aufruf zur Abschaffung der Studiengebühren und aller anderen Bildungsgebühren in Niedersachsen unterschrieben.“ Diese vielfache Forderung wurde Ministerin Wanka gestern übergeben und mit Nachdruck bekräftigt. Ihre lapidare Reaktion: ‚Das habe ich mir fast gedacht. Können Sie das da hinten abstellen, danke.‘ passt gut zum Gesamtbild der Ignoranz der Studierenden durch das MWK. Dass Niedersachsen die höchste Abwanderungsrate an Studierwilligen bundesweit verzeichnet, sei schon immer so gewesen. Einen Zusammenhang mit Bildungsgebühren will das MWK nicht sehen. Weiterer Kommentar überflüssig.
Auch zum Thema Hochschulfinanzierung haben wir die aktuelle Landesformel angesprochen. 10% der Mittel werden über Indikatoren vergeben, wie z.B. Studierendenzahlen oder auch die jeweils eingeworbenen Drittmittel. Es ist schlimm genug, dass Hochschulen wegen der Unterfinanzierung auf Drittmittel angewiesen sind, aber dass diese dann auch noch herangezogen werden, wie die öffentlichen Mittel verteilt werden, ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar. Wanka möchte den momentanen Anteil von 10% gerne deutlich erhöhen, um den Wettbewerb zwischen den Hochschulen weiter zu intensivieren.
Bildung, Forschung und Lehre darf aber kein (Verdrängungs-)Wettbewerb sein. Bildung ist ein Menschenrecht und sollte so umfassend wie möglich sein. Freiheit von Forschung und Lehre laut Verfassung ist unserer Ansicht nicht mehr gegeben, wenn die Ausstattung durch öffentliche Gelder von eingeworbenen Drittmitteln abhängt. Dieser Indikator muss aus der Landesformel verschwinden!
Für die Themen Bologna-Reformen, Regelstudienzeit und Curricularnormwerte blieb wenig Zeit. Ein angesprochener Punkt war die hohe Prüfungsdichte und der daraus resultierende Leistungsdruck. Eine gute Idee, diese Probleme anzugehen und zusätzlich noch einige andere zu verbessern, ist das Modell 8+4 konsekutiv, also ein 8-semestriger Bachelor- mit darauf aufbauendem 4-semestigen Master- Studium. Die Durchschnittsstudiendauer liegt momentan in fast allen Fächern bei 12-13 Semestern, da hat auch die Umstellung der Sudiengänge auf Bachelor/Master nichts geändert. Das BAföG ausgeklammert würden hierdurch also nicht einmal mehr Kosten entstehen, da sich die tatsächliche Verweildauer an den Hochschulen nicht erhöhen würde. Auch die Mobilität würde sich durch die bessere Möglichkeit zur Einrichtung entsprechender Fenster gut erhöhen lassen, eines der Grundanliegen des Bologna-Prozesses.
All diese positiven Folgen ließen Wanka kalt, eine Verlängerung der Studienzeit werde es mit ihr nicht geben. Dass es de facto keine Verlängerung wäre, interessiert nicht. Alle anderen Argumente auch nicht, die Studierenden müssen möglichst schnell von der Uni weg, um der wirtschaftlichen Verwertung zugeführt zu werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die im Vorfeld in der LAK diskutierten Erwartungen an das Gespräch in der Wahrnehmung teilnehmender ASten bestätigt wurde. Mit dieser Landesregierung und Ministerin Wanka wird es keine Verbesserungen in der Bildungspolitik und insbesondere keine Abschaffung der Bildungsgebühren oder eine vernünftige finanzielle Ausstattung der Hochschulen und Studentenwerke geben.
Die LAK Niedersachsen wird deshalb mit momentan nicht in der Regierung vertretenen Parteien Gespräche führen, damit nach dem anstehenden Wechsel möglichst schnell zuvor gemeinsam ausgearbeitete Konzepte zu einer besseren Bildungspolitik umgesetzt werden können, beginnend mit einer Abschaffung und vollen Kompensation der Studiengebühren.