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Schluss mit prekärer Wissenschaft – der Tarifvertrag für studentische Beschäftigte muss kommen!

Posted in Pressemitteilung

Der dritte Verhandlungstermin der Tarifrunde für die Beschäftigten im
öffentlichen Dienst der Länder steht bevor. Trotz bundesweiter Proteste,
Streiks und einer breiten Zustimmung einer Tarifierung von studentisch
Beschäftigten ducken sich die Finanzminister:innen der Länder weg. Es wird
sich hinter demütigenden Aussagen versteckt und mangelnde Gelder als
Ausrede benutzt. Dies können Studierende wie Verantwortliche nicht mehr
hinnehmen.


Denn wie im Januar 2023 durch die Studie „Jung, Akademisch, Prekär“ des
Instituts für Arbeit und Wirtschaft mit 11.000 befragten studentischen
Beschäftigten bekannt wurde, leisten etwa 40% bis 50% der studentischen
Beschäftigten regelmäßig unbezahlte Überstunden, während knapp 20%
bereits ohne schriftlichen Vertrag gearbeitet haben. Gleichzeitig beläuft sich
die durchschnittliche Vertragsdauer auf 5,7 Monate, obwohl die
Beschäftigten im Durchschnitt 20,2 Monate an Hochschulen oder
Forschungseinrichtungen tätig sind. Dies führt dazu, dass wir im
Durchschnitt während dieser Arbeitszeit 4,6 Arbeitsverträge abschließen
müssen.


Wir sind daher der Ansicht, dass es an der Zeit ist, die tatsächlichen
Bedingungen der SHKs, WHKs und Tutor*innen anzuerkennen und von
einer romantisierten Sichtweise Abstand zu nehmen.


Zumal dies keine Wunsch-Konstellation der Studierenden ist, wenn sie
parallel zu prekären Arbeitsbedingungen auch prekären Lebenslagen
ausgesetzt sind.


Denn studentische Armut betrifft 30% aller Studierenden, bei alleinlebenden
Studierenden sind es sogar 79%. Nur 11% der Studierenden erhalten dabei
Bafög, welches ohnehin zu niedrig ist, denn der Bafög-Höchstsatz liegt unter
dem Existenzminimum und sei somit nicht verfassungskonform, wie das
Bundesverwaltungsgericht bereits vor Jahren angemahnt hatte.


Aus diesem Grund sehen sich zwei Drittel aller Studierenden gezwungen,
neben ihrem (Vollzeit-)Studium noch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,
um finanziell über die Runden zu kommen. Etwa 18% erzielen ein geringes
Einkommen an staatlichen Hochschulen, während weitere 21% an anderen
staatlichen Institutionen beschäftigt sind. Das Land stellt somit den größten
Arbeitgeber für Studierende dar. Die Vorstellung, dass diese
Beschäftigungsverhältnisse lediglich der Begleitung der Ausbildung dienen,
ist eine idealisierte Annahme der Tarifgemeinschaft der Länder und kann
von Studierenden im Master nur als beleidigend empfunden werden. Daher
ist es enttäuschend, wenn der erste stellvertretende Vorsitzende der
Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) darauf hinweist, dass BAföG und
die Unterstützung der Eltern ausreichen sollen, um das Studium zu
finanzieren. Denn der stellvertretende Vorsitzende und der niedersächsische
Finanzminister Heere (Die Grünen) haben erkannt, dass die landespolitisch
akzeptierte Ausbeutung von Studierenden keine Bewältigung der
Studiumskosten deckt. Den Studierenden wird dies dann noch als
„ehrwürdige“ Tätigkeit verkauft.


Daher unterstützen wir, die LandesAstenKonferenz Niedersachsen, die
eindeutigen Forderungen nach einer Tarifierung der studentischen
Beschäftigten! Es ist dringend erforderlich, 30 Tage Urlaubsanspruch,
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Mindestvertragslaufzeiten von 24
Monaten mit einem Mindestumfang von 40 Stunden pro Monat und ein
Stundenentgelt von 16,50 Euro im ersten Jahr sowie darauf folgende
Steigerungen zu etablieren. Ohne entschlossene Maßnahmen bleiben viele
Studierende von Armut betroffen und das Studium wird weiterhin eine große
finanzielle Herausforderung mit vielseitigen sozialen Chancenungleichheiten
sein.


Insbesondere Niedersachsen kann sich nicht länger hinter Sparargumenten
und angeblichem Geldmangel verbergen. Berlin hat bereits bewiesen, dass
eine Tarifierung der studentischen Beschäftigten möglich ist. Anhand der
vielfachen Sondervermögen muss genügend Geld vorhanden sein, vor allem
wenn zuletzt ein Fond von 200 Mio. € für die Bewältigung der Energiekosten
niedersächsischer Unternehmen geschaffen wurde, von dem beim ersten
Mal nicht einmal 2% ausgeschüttet wurden. Dort, wo ein politischer Wille
vorhanden ist, gibt es auch einen Weg!


Deshalb rufen wir die Universitäts- sowie Hochschulleitungen und
insbesondere unseren Finanzminister Gerald Heere dazu auf, sich für die im
Koalitionsvertrag versprochene Tarifierung von studentisch Beschäftigten
einzusetzen! Arbeitsbedingungen sind Studienbedingungen und ohne die
Arbeit der Studierenden funktioniert der Wissenschaftsbetrieb derzeit nicht.


Aus diesem Grund rufen wir gleichzeitig alle niedersächsischen
Studierenden auf, sich an bundesweiten Protesten und ggf. solidarischen
Streiks zu beteiligen und am 06. Dezember in Hannover mit auf die Straße
zu gehen!



Quellen:
https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/armut-im-studium-30-
prozent-aller-studierenden-leben-in-armut/


https://www.instagram.com/p/CzrFPhfsLzE/?img_index=5


https://www.iaw.uni-bremen.de/f/a515fbddae.pdf